Die duale Berufsausbildung steht unter Druck
Ein aktueller G.I.B.-Beitrag zur Arbeits- und Sozialpolitik beleuchtet die Hintergründe von Vertragslösungen, die Rolle von Berufswahl und betrieblichen Phasen sowie Maßnahmen zur Unterstützung von Auszubildenden und Betrieben.
Die duale Berufsausbildung in Deutschland sieht sich einem zunehmenden Problem gegenüber: der Anstieg vorzeitiger Vertragslösungen. Im Jahr 2022 wurden über 155.000 Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst, was einer Lösungsquote von 29,5 Prozent entspricht. Diese Quote, die vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) jährlich berechnet wird, gibt an, wie viele Ausbildungsverträge vorzeitig beendet werden, jedoch nicht, ob die Jugendlichen das duale Ausbildungssystem vollständig verlassen. Laut Frank Neises, dem Leiter der Fachstelle für Übergänge in Ausbildung und Beruf beim BIBB, bedeutet eine vorzeitige Vertragslösung oft einen Wechsel in einen anderen Ausbildungsberuf oder Betrieb, nicht unbedingt einen endgültigen Abbruch.
Die Ursachen für diese steigenden Lösungsquoten sind vielschichtig. Faktoren wie Staatsangehörigkeit und Bildungsabschluss spielen eine entscheidende Rolle. So liegt die Lösungsquote bei Auszubildenden ohne deutschen Pass bei knapp 40 Prozent, während sie bei deutschen Azubis bei etwa 28 Prozent liegt. Auch der Bildungsweg hat Einfluss: Bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss beträgt die Quote über 42 Prozent, während sie bei Abiturient*innen nur 18 Prozent erreicht. Zudem variieren die Quoten stark je nach Berufsfeld. Besonders hohe Quoten finden sich in der Gastronomie und im Handwerk, während Berufe im öffentlichen Dienst oder technische Berufe deutlich niedrigere Quoten aufweisen.
Die Gründe für vorzeitige Vertragslösungen sind unterschiedlich und hängen oft von der Perspektive ab. Betriebe berichten von mangelnder Motivation und Leistungsbereitschaft der Jugendlichen, während Auszubildende Konflikte mit Vorgesetzten oder schlechte Arbeitsbedingungen als Hauptgründe anführen. Viele Jugendliche empfinden ihre Ausbildung eher als Beschäftigung denn als Chance zur beruflichen Entwicklung.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind präventive Maßnahmen erforderlich. Auch betriebliche Praktika sind wertvoll, da sie den Jugendlichen ermöglichen, verschiedene Berufe auszuprobieren und realistische Einblicke in die Arbeitswelt zu gewinnen. Ein gutes Onboarding und eine enge Betreuung während der Ausbildung sind entscheidend für den Erfolg. Wenn Konflikte auftreten, sollten rechtzeitig Hilfsangebote in Anspruch genommen werden. Es ist wichtig, den Kontakt zu den jungen Menschen auch nach einer Vertragslösung aufrechtzuerhalten, um sicherzustellen, dass sie nicht ohne Perspektive bleiben. Ein besseres Matching zwischen Azubis und Betrieben sowie gezielte Unterstützungsangebote können helfen, langfristige Lösungen zu schaffen und die Zahl der vorzeitigen Vertragslösungen zu reduzieren.
Die ganze Publikation ist auf der G.I.B.-Website verfügbar.